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Bestimmung des Menschen
§. 1. Bestimmung des Menschen von 1759 bis 1805. - von Friedrich Schiller
Sprecher
Andreas Niederau-Kaiser
So viel wird, denke ich, einmal fest genug erwiesen sein, daß das Universum das Werk eines unendlichen Verstandes sei und entworfen nach einem trefflichen Plane.
So wie es jetzt durch den allmächtigen Einfluß der göttlichen Kraft aus dem Entwurfe zur Wirklichkeit hinrann,
und alle Kräfte wirken und in einander wirken, gleich Saiten eines Instruments tausendstimmig zusammenlautend in einer Melodie:
so soll der Geist des Menschen, mit Kräften der Gottheit geadelt, aus den einzelnen Wirkungen Ursache und Absicht,
aus dem Zusammenhang der Ursachen und Absichten all den großen Plan des Ganzen entdecken,
aus dem Plane den Schöpfer erkennen,
ihn lieben, ihn verherrlichen, oder kürzer, erhabner klingend in unseren Ohren:
der Mensch ist da, daß er nachringe der Größe seines Schöpfers,
mit eben dem Blick umfasse die Welt, wie der Schöpfer sie umfaßt –
Gottgleichheit ist die Bestimmung des Menschen. Unendlich zwar ist dies sein Ideal;
aber der Geist ist ewig.
Ewigkeit ist das Maaß der Unendlichkeit,
das heißt, er wird ewig wachsen, aber es niemals erreichen.
Eine Seele, sagt ein Weiser dieses Jahrhunderts, die bis zu dem Grade erleuchtet ist, daß sie den Plan der göttlichen Vorsehung im Ganzen vor Augen hat, ist die glücklichste Seele.
Ein ewiges, ein großes, schönes Gesetz hat Vollkommenheit an Vergnügen,
Mißvergnügen an Unvollkommenheit gebunden. Was den Menschen jener Bestimmung näher bringt,
es sei nun mittelbar oder unmittelbar, das wird ihn ergetzen.
Was ihn von ihr entfernt, wird ihn schmerzen.
Was ihn schmerzt, wird er meiden,
was ihn ergetzt, darnach wird er ringen.
Er wird Vollkommenheit suchen,
weil ihn Unvollkommenheit schmerzt;
er wird sie suchen, weil sie selbst ihn ergetzt.
Die Summe der größten Vollkommenheiten mit den wenigsten Unvollkommenheiten ist Summe der höchsten Vergnügungen mit den wenigsten Schmerzen.
Dies ist Glückseligkeit.
So ist es denn gleichviel, ob ich sage:
Der Mensch ist da, um glücklich zu sein;
oder – er ist da, um vollkommen zu sein.
Nur dann ist er vollkommen, wenn er glücklich ist. Nur dann ist er glücklich, wenn er vollkommen ist.
Aber ein ebenso schönes, weises Gesetz,
Nebenzweig des ersten, hat die Vollkommenheit des Ganzen mit der Glückseligkeit des Einzelnen, Menschen mit Menschen, ja Menschen mit Thieren durch die Bande der allgemeinen Liebe verbunden.
Liebe also, der schönste,
edelste Trieb in der menschlichen Seele,
die große Kette der empfindenden Natur,
ist nichts Anders als die Verwechslung meiner selbst mit dem Wesen des Nebenmenschen.
Und diese Verwechslung ist Wollust.
Liebe also macht seine Lust zu meiner Lust,
seinen Schmerz zu meinem Schmerz.
Aber auch dieser Schmerz ist Vollkommenheit und muß also nicht ohne Vergnügen sein.
Was wäre also Mitleiden sonst als ein Affect, gemischt aus Wollust und Schmerz?
Schmerz, weil der Nebenmensch leidet,
Wollust, weil ich sein Leiden mit ihm theile,
weil ich ihn liebe,
Schmerz und Lust,
daß ich sein Leiden von ihm wende.
Und warum die allgemeine Liebe,
warum alle Vergnügungen der allgemeinen Liebe? –
Einzig aus dieser letzten Grundabsicht,
die Vollkommenheit des Nebenmenschen zu befördern.
Und diese Vollkommenheit ist Ueberschauung, Forschung,
Bewundrung des großen Plans der Natur.
Ja endlich, alle Vergnügungen der Sinne,
von denen an seinem Ort die Rede sein soll,
neigen sich durch mancherlei Krümmungen und anscheinende Widersprüche dennoch endlich alle zu demselben zurück. Unwandelbar bleibt diese Wahrheit sich immerdar selbst gleich; der Mensch ist bestimmt zur Ueberschauung, Forschung, Bewundrung des großen Plans der Natur.
Category | Arts & Literature |
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