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Brüssel Business - Wer steuert die Europäische Union
Film von Friedrich Moser und Matthieu Lietaert
In Brüssel sind rund 2.500 Lobby-Organisationen angesiedelt und bilden damit die zweitgrößte Lobby-Industrie der Welt; nur die in Washington DC ist größer. Rund 15.000 Lobbyisten scheuen weder Kosten noch Mühen, um die Parlamentarier intensiv über ihre Interessenverbände zu informieren. Rund 80 Prozent der gesamten Gesetzgebung, die direkten Einfluss auf den Alltag der Europäischen Bürger hat, wird hier initiiert. Doch die Bemühungen um mehr Transparenz auf diesem Gebiet waren in Europa bisher vergebens. Der Vorstoß, eine Pflicht zur Registrierung von Lobbyisten - wie in den USA - einzuführen, scheiterte bisher. Das vorhandene Register ist freiwillig - und damit wirkungslos. Die Filmemacher Friedrich Moser und Matthieu Lietaert wollen verstehen, wer in der EU wirklich die Strippen zieht.
"Die EU-Gesetzgebung ist kompliziert, sie durchläuft viele Stufen", erklärt Olivier Hoedeman, Gründer von Corporate Europe Observatory. "Alles beginnt mit der Europäischen Kommission. Dort werden neue Anträge für Gesetze und Richtlinien entworfen, welche dann die Institutionen durchlaufen - das Parlament und den EU-Ministerrat. Vom Moment an, in dem die Europäische Kommission erste Schritte zu neuen Gesetzen und Richtlinien unternimmt, ist die Industrie vor Ort, um sie zu beeinflussen."
Der Dokumentarfilm macht sich auf eine kriminalistische Spurensuche und befragt Unternehmer, Lobbyismus-Kritiker, Aktivisten, EU-Kommissare und Wissenschaftler, um herauszufinden, wer in der EU die Strippen zieht. Die Bemühungen, den Lobbyismus zu regulieren, stießen zunächst auf wenig Resonanz. Dann geschah im Winter 2004/2005 etwas Unerwartetes: Siim Kallas, EU-Kommissar aus Estland, zuständig für Verwaltung, griff das Thema auf. Im Zuge der Europäischen Transparenz-Initiative sollte der Lobbyismus in Brüssel streng reguliert werden - ein Pflichtregister, Auskunftspflicht, Offenlegung der Geldflüsse. Nach drei Jahren politischer Streitereien und Bemühungen stellte Siim Kallas schließlich im Sommer 2008 das Lobby-Register vor. Doch die Enttäuschung war groß: Das Lobby-Register war freiwillig - und damit völlig zahnlos.
Im Oktober 2008, einen Monat nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise, ernannte Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine unabhängige hochrangige Gruppe zur Aufsicht der Finanzmärkte. Ihre Aufgabe ist die Regulierung dieser Märkte, um einen Weg aus der Krise zu finden. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich diese Gruppe von acht "EU-Weisen" als gar nicht so unabhängig: drei der acht Weisen sind direkt mit jenen US-Banken verbandelt, die die Krise ausgelöst haben. Der Kopf der Gruppe ist Vorsitzender einer großen Finanzlobby. Steht nach 20 Jahren Deregulierung und Liberalisierung die Europäische Union selbst plötzlich am Rande des Zusammenbruchs? Und steht nicht vielmehr die Demokratie selbst auf dem Spiel, und mit ihr jene Werte, die uns teuer sind?
Category | News & Politics |
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