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Sabine Drewes: Ich lasse mir Freude und Stolz nicht stehlen
"..Heute wird die Diskussion durch Aufforderungen an die „schon länger hier Lebenden“, die doch bitte die „noch nicht so lange hier Lebenden“ alle freudig begrüßen und akzeptieren sollten, komplett überlagert. Der mutige Freiheitskampf, der 1989 vollendete, was 1953 begann und schließlich 1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands führte, er wird schon lange nicht mehr thematisiert. Das ist schwer verständlich in einem Land, das lange damit haderte, nie eine „richtige Revolution“ gehabt zu haben. Es hatte eine viel bessere, eine, die uns noch niemand so nachgemacht hat: die friedliche Revolution.
Liebe Grüne, wo blieb euer so freudiger Aufschrei?
Die Ostdeutschen spüren, wie sehr bei der Beurteilung und Verurteilung der beiden deutschen Diktaturen mit zweierlei Maß gemessen wird; sie spüren, dass man ihrem Kampf gegen ein menschenverachtendes Regime nicht die Anerkennung zollt, die sie verdient hätten, weil sich ihr Kampf gegen das vermeintlich „falsche“, das sozialistische Regime richtete. Und sie fragen sich, habt ihr Wessis euch je gefragt, wie das auf uns Ossis wirkt, die wir das SED-Regime einst ins Wanken brachten, ohne vorher zu wissen, ob wir wieder zusammenkartätscht werden, wie am 17. Juni 1953 und wie die Chinesen im Juni 1989 auf dem Tiananmen?
Und, liebe Grüne, wo blieb euer so freudiger Aufschrei, als der Westen Deutschlands im Sommer und Herbst 1989 „Menschen geschenkt bekam“? Lieber wäre es euch gewesen, hätten den Sozialismus in seinem Lauf weder Ochs noch Esel aufgehalten. Mit Erich war man in eurer Partei schließlich fast per „Du“. Es ist genau diese Selbstgefälligkeit der politischen und medialen Gutmenschen (West), die die öffentlichen Debatten fortwährend dominiert und die im Osten eine abwehrende Trotzhaltung erzeugt....Wir haben im Westen Deutschlands seit 1949 mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung das beste Staatswesen geschaffen, das wir jemals auf deutschem Boden hatten, und die seit 1990 auch für alle deutschen Länder zwischen Elbe und Oder gilt. Es waren die Menschen, die dies in ihrer überwältigenden Mehrheit so wollten, und es war – längst vergessen – die DSU, die am 17. Juni 1990 jenen Antrag in der ersten und letzten frei gewählten Volkskammer zum „sofortigen Beitritt der DDR“ zur Bundesrepublik Deutschland stellte. Am Ende wurde der fast vergessene Artikel 23 des Grundgesetzes dann tatsächlich genutzt, um, wie es in der Präambel hieß, „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“.
Dass sich dieses Geschehen nach außen hin erstaunlich reibungslos abspielte, das verdanken wir einer seltenen politischen Glanzleistung, die der damaligen Bundesregierung und der amerikanischen Administration gelang. Wie wenig selbstverständlich das war, das zeigt uns das Agieren der jetzigen Bundesregierung, die deutsche Interessen oft genug hintenanstellt. Dieses im Nachhinein schwer fassbare Glück herauszustellen, das wir 1989/90 hatten, das Gemeinsame zu betonen, sowie auf das Erreichte stolz sein zu dürfen, täte zur deutschen Selbstvergewisserung dringend not. Wenn wir uns nicht einmal am 3. Oktober mit leisem Stolz daran erinnern dürfen, wann dann? Wenn nicht einmal dieser Tag vor allem uns Deutschen gehören darf, welcher dann?
Wir Deutschen sollten uns die Freude und den leisen Stolz über die Einheit Deutschlands in Freiheit nicht stehlen lassen. Schon gar nicht von den Schamlosen jeglicher Couleur. Wir dürfen stolz auf ein gesamtdeutsches Werk sein, das 1989 mit dem mutigen Aufbegehren unserer Landsleute östlich der Elbe seinen Anfang nahm und mit Hilfe der Bundesregierung unter Helmut Kohl und der amerikanische Regierung unter George Bush sen. 1990 zur Vollendung der Einheit Deutschlands in Freiheit führte. Wir dürfen dankbar sein, nach einer über vierzigjährigen brutalen Teilung unseres Landes die Chance erhalten zu haben, wieder ein geeintes Land zu sein. Nutzen wir sie endlich. Hören wir endlich einander zu, nur dann werden wir einander auch verstehen. Und nur dann haben wir überhaupt eine reelle Chance, die anstehenden Probleme zu bewältigen.
https://www.achgut.com/artikel/ich_lasse_mir_freude_und_stolz_nicht_stehlen
Category | News & Politics |
Sensitivity | Normal - Content that is suitable for ages 16 and over |
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