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Himmel und Hölle der Meeresschildkröten
Die Meeresschildkröten (Cheloniidae) stellen im engeren Sinne eine Familie innerhalb der Schildkröten dar. Zusammen mit der Familie Dermochelyidae (deren einzige Art die Lederschildkröte ist) bilden sie die Überfamilie der Chelonioidea, die auf Deutsch oft als Meeresschildkröten im weiteren Sinne bezeichnet werden;[1] dies entspricht dann auch der intuitiven Interpretation als Gesamtheit der im Meer lebenden Schildkröten.
Die Gruppe der Meeresschildkröten umfasst insgesamt sechs bzw. sieben Arten, die eine Reihe gemeinsamer Merkmale tragen. Ihre Extremitäten sind zu großen Paddeln umgestaltet, aus denen nur je eine bzw. zwei Krallen herausragen, und ihr Panzer ist deutlich abgeflacht und stromlinienförmig. Weil der Rückenpanzer auch bei älteren Schildkröten nicht vollständig verknöchert, ragen die Enden der Rippen frei hervor. Beim Bauchpanzer fallen auch einige Rückbildungen auf. Durch die Veränderung des Panzers haben die Meeresschildkröten außerdem die Fähigkeit verloren, ihren relativ großen Kopf bei Gefahr einzuziehen. Eine Anpassung an das Salzwasser stellen die Salzdrüsen dar, die beständig eine konzentrierte Salzlösung abgeben und so den Salzgehalt des Blutes regulieren, die Nieren allein sind dazu nicht fähig.
Meeresschildkröten bewohnen alle tropischen und subtropischen Meeresgebiete und verbringen bis auf die Eiablage ihr gesamtes Leben im Wasser. Die ersten Meeresschildkröten haben sich wahrscheinlich vor etwa 200 Millionen Jahren aus landlebenden Schildkröten entwickelt.
Meeresschildkröten ernähren sich von Kopffüßern, Krebsen, Schwämmen und Quallen, die sie bei ihren langen Tauchgängen jagen, weiterhin auch von Pflanzen. Einige Arten ändern die Nahrungszusammensetzung mit der Lebenszeit, sie werden mit dem Alter reine Pflanzenfresser. Ihr Stoffwechsel wird beim Tauchen stark herabgesetzt, und das Blut reichert sich mit CO2 an, ohne den Tieren zu schaden. Als Reptilien sind sie Lungenatmer und müssen nach einiger Zeit – etwa 5 bis 40 Minuten bei Aktivität, 4 bis 7 Stunden schlafend – auftauchen, um die CO2-haltige Luft gegen frische auszutauschen.
Meeresschildkröten sind häufig nicht standorttreu, dann legen sie jährlich weite Strecken auf ausgedehnten Wanderungen zurück. Dabei folgen sie anscheinend den Meeresströmungen, aber auch eine Orientierung mittels des Magnetfeldes der Erde oder des Lichtwinkels wird diskutiert. Um genauere Erkenntnisse darüber zu bekommen, laufen seit geraumer Zeit Markierungsprogramme, bei denen Meeresschildkröten mit Sendern ausgestattet und so auf ihren Wanderungen beobachtet werden....
Alle Meeresschildkröten sind in ihrem Bestand vom Aussterben bedroht. Die Bedrohung geht dabei ausschließlich vom Menschen aus, der sie aufgrund ihres Fleisches, der Eier und ihrer Panzer seit Jahrhunderten jagt. Besonders in den asiatischen Ländern ist das Fleisch sehr begehrt, und auch Handelsverbote, empfindliche Strafen und hohe Schwarzmarktpreise schränken den Handel kaum ein. Schildkrötenleder und das Schildpatt der Panzer stehen ebenfalls hoch im Kurs, vor allem in Japan, wo sie als Glücksbringer gelten.
Ein häufig vernachlässigter Faktor ist die Umweltverschmutzung ganzer Meeresregionen und Niststrände, die den Meeresschildkröten ihre Lebensgrundlage entzieht. Bei einer Untersuchung von 102 Meeresschildkröten – darunter alle sieben Arten – aus dem Atlantischen und Pazifischen Ozean sowie dem Mittelmeer, wurde Mikroplastik bei sämtlichen Tieren im Darminhalt nachgewiesen. Der weitaus größte Teil der aufgenommen Menge besteht aus Fasern aus synthetischen Polymeren.
Moderne Fischfangmethoden stellen eine zusätzliche massive Bedrohung dar, die Tausenden von Meeresschildkröten ein Ende als Beifang in einem Krabben- oder Fischnetz beschert. Die in den letzten Jahren entwickelten TED-Netze (steht für „turtle excluder device“) für den Krabbenfang werden von den meisten Krabbenfischern abgelehnt, da sie einen Verlust der Krabbenernte befürchten. Jahr für Jahr sterben Tausende von Meeresschildkröten, weil sie Plastiktüten mit Quallen verwechseln...
Im Jahr 2017 haben Forscher Daten zu allen sieben Arten der Meeresschildkröten analysiert und die Studie der Erfolge jahrzehntelanger Schutzbemühungen im Journal Science Advances veröffentlicht. Ergebnis: Die Zahl der Schildkröten steigt in vielen Gebieten. Das Team wertete für 299 Populationen jährliche Abschätzungen der Nester über Zeiträume von sechs bis 47 Jahren aus. Bei 95 Populationen stieg die Zahl der Tiere deutlich, bei 35 jedoch sank sie – ebenfalls deutlich. Beim Rest blieb sie in etwa gleich. Hauptgründe für die steigenden Zahlen seien wahrscheinlich der effektive Schutz der Eier und der Weibchen bei der Eiablage sowie die Senkung der Todesfälle durch Beifang. Zugleich heben die Forscher die Bedeutung fortgesetzter Schutzmaßnahmen hervor..."
Category | Pets & Wildlife |
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